Wie Medien über Trans-Menschen berichten: Zwischen Wissenschaft, Ideologie und Interessengruppen
Wie können Medien angemessen über trans* Themen berichten? Darüber diskutieren der Sozialwissenschaftler Till Amelung, Martin Spiewak aus der „Zeit“-Wissenschaftsredaktion, Leo Yannick Wild von der Inter*Trans*Beratung der Schwulenberatung Berlin und Annika Schneider aus der Dlf-Medienredaktion.
Till Amelung hat sich kritisch an Annika Schneider als Teil der Dlf-Medienredaktion gewandt. Es geht um einen im März 2022 erschienenen Beitrag zum Umgang der Medien mit trans* Themen. Er hat den Eindruck, dass aus Unsicherheit die Berichterstattung zu unkritisch war. Besonders verwies er auf den Bezug zum Umgang mit umstrittenen Aspekten wie den Risiken einer Transition und mögliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche.
Martin Spiewak vertritt die Position, dass Personen voreingenommen sind. Sie befürchten, dass ihre eigene Position in der Öffentlichkeit zu kurz kommt. Er jedoch betont die Ausgewogenheit der Berichterstattung, zumindest für seine Zeitung. Auch die Möglichkeit des Widerspruchs besteht für ihn. Es braucht Plattformen des Austauschs für zum Beispiel Streitgespräche. Er plädiert dafür, respektvoll zu berichten, auch gegenüber den Betroffenen. Verschiedene Stimmen sollten zu Wort kommen. Die Debatte soll stärker wissenschaftlich geführt werden. Gleichzeitig braucht es sehr viel Wissen, um überhaupt über das Thema zu berichten.
Leo Yannick Wild kritisiert die Berichterstattung dafür, dass häufige wissenschaftlich falsche und pseudowissenschaftliche Aussagen ohne Überprüfung übernommen werden. So werden trans* Personen dämonisiert und rechten Kampfkommentaren Raum gegeben. Auch in Streitgesprächen würde keine Aufklärung stattfinden. Trans* Organisationen müssten die Hintergrundrecherche zu kritischen Aussagen und Personen selbst übernehmen. Als grundlegende Leitlinie setzt er sich dafür ein, dass Mythen nicht reproduziert werden.
Am Ende gab es keine Einigung auf konkrete Ideen zur Frage.
In dem wöchentlichen Medienpodcast "Nach Redaktionsschluss" kommt die Deutschlandfunk-Medienredaktion mit Hörer*innen über Journalismus und Berichterstattung ins Gespräch.
Die im Artikel gewählte Schreibweise für trans* Personen ist irreführend. Bei "trans*" handelt es sich ebenso wie bei "cis" um ein Adjektiv und es wird auch als solches benutzt: kleingeschrieben und dem Substantiv vorangestellt: trans* Frau, trans* Mann, trans* Person. Der Bundesverband Trans*schreibt hierzu:
"Trans* Personen haben – wie alle anderen Menschen – viele Eigenschaften. Für viele trans* Personen ist ihre geschlechtliche Identität ein wichtiger, jedoch nicht der einzige relevante Teil ihrer Persönlichkeit. Wird trans* groß geschrieben (wie bei den Schreibweisen ‚Trans* Frau‘ , ‚Trans*-Frau‘ oder ‚Transfrau‘), wird die Eigenschaft, trans* zu sein, überbetont."
Im Gespräch wird an verschiedenen Stellen auf Studien, Publikationen, Personen und Debatten verwiesen. Der Raum zur Kontextualisierung fehlt dabei. Einige Verweise werden von der Moderation in Einschüben eingeordnet. Trotzdem empfiehlt es sich, das Gespräch mit Vorkenntnissen anzuhören beziehungsweise begleitende Informationen zu nutzen:
- "Kritik an Unausgewogenheit" von Annika Schneider (März 2022)
- Leitfaden "Trans* in den Medien - Informationen für Journalist_innen" von Leo Yannick Wild (2014)
- enthält unter anderem zentrale Begriffsdefinitionen, positive und negative Beispiele von Berichterstattungen, Überblick über weitere (Fach-)Literatur und Broschüren