Gender, Wissenschaftlichkeit und Ideologie: Argumente im Streit um Geschlechterverhältnisse
Geschlechterthemen haben Konjunktur. Die Sexismus-Debatte, Quotenregelungen für Aufsichtsräte, die rechtliche Gleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften: Gesellschaftliche Geschlechterverhältnisse werden intensiv und kontrovers diskutiert. Zugleich ist ein deutlicher Gegenwind zu spüren, wenn es um Geschlechterforschung geht. Wer mit dem Begriff „Gender“ arbeitet, wird nicht selten mit dem Vorwurf einer prinzipiellen Unwissenschaftlichkeit konfrontiert. Den Gender Studies wird der Status einer Wissenschaft abgesprochen, Gender sei per se kein wissenschaftliches Konzept, sondern eine Ideologie. Der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ist nicht neu. In Mainstream-Medien wie F.A.Z., Der Spiegel oder Focus wird Personen Raum gegeben, die diesen Generalverdacht verbreiten. Harald Martenstein entfachte im ZEIT-Magazin Anfang Juni 2013 mit "Schlecht – schlechter - Geschlecht" eine solche Debatte.
Die Publikation geht dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit nach und gibt Argumente für eine Auseinandersetzungen an die Hand. Im Schlagwort „Genderismus“ zum Beispiel werden unterschiedlichste Sachverhalte aus Geschlechterforschung und Gleichstellungspolitik vermischt. Es werden mediale Entstehungsmythen des Begriffs Gender nachgezeichnet und Verzerrungen in der Darstellung des Genderdiskurses beleuchtet. Der Begriff „Gender-Ideologie“ wird unter die Lupe genommen: Er soll delegitimieren, wirft dabei aber Fragen auf, zu deren Beantwortung gerade die Gender Studies viel beitragen können. Es wird erläutert, welchem Wissenschaftsverständnis der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit entspringt. Beispiele zeigen, wie sehr der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit auf einem Doppelstandard basiert und sich – ganz entgegen dem eigenen Anspruch auf Neutralität und Objektivität – als politisch motiviert erweist.
Mit dieser Publikation möchten die Herausgebenden Organisationsvertreter_innen und Aktivist_innen sowie Institutionen, die in diesem Bereich unterwegs sind, dabei unterstützen, in Kampagnen gegen (pro)feministische Veröffentlichungen die entsprechenden Anwürfe zu verorten und sachbezogen zu reagieren. Darüber hinaus soll sie denjenigen Personen, die sich im Rahmen der unterschiedlichen Gender-Diskurse abwertenden Angriffen ausgesetzt sehen, Argumente an die Hand geben, sich gegen unzulässige Anwürfe zu wehren.
Die Publikation ist gedruckt nicht mehr verfügbar.
Die Publikation richtet sich zunächst an Personen, die im Bereich der Wissenschaft, Geschlechterforschung und Gender Studies tätig sind und deshalb mit antifeministischen Argumentationen konfrontiert sind. Sie dient dazu, Hintergründe zu verstehen und faktenbasierte Gegenargumente anzuführen. Sie eignet sich darüber hinaus auch als Einstieg in Antifeminismus von einer wissenschaftlichen Perspektive aus: Der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ist ein gängiges antifeministisches Narrativ. Die Publikation gibt vieles an die Hand, um dieses Narrativ zu entkräftigen. Grundprinzipien dieser diskursiven Verschiebung lassen sich auch auf andere gängige antifeministische Narrative teilweise übertragen.